Neue Lehrpläne und Literaturdidaktik
Im Rahmen der nationalen Harmonisierung hat sich das Bildungssystem in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Dies betrifft auch den Bereich der literarischen Bildung, der im Lehrplan 21 durch den Kompetenzbereich «Literatur im Fokus» deutlich aufgewertet wurde. Vor diesem Hintergrund stehen die Lese- und Literaturdidaktik erneut im Zentrum des öffentlichen wie schulischen Interesses. Befassten sich beide Disziplinen seit jeher mit der Frage, welche Texte Schülerinnen und Schülern im Lese- und Literaturunterricht, wie vermittelt werden können, nehmen zahlreiche empirische Forschungen in jüngerer Zeit zunehmend auch die Lernenden und Lehrenden und die Frage nach Erwerb und Vermittlung literaler Kompetenzen in den Blick. Damit stehen die aktuelle Lese- und Literaturdidaktik im erweiterten Spannungsfeld zwischen Gegenstands-, Leser:innen- und Kompetenzorientierung. In diesem Zusammenhang gewinnen Lern- und Testaufgaben auch im Literaturunterricht zunehmend an Bedeutung.
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Fokusartikel | aus der Wissenschaft
Leseverstehen und literarische Bildung – Welche Schwerpunkte setzen Lehrpersonen in ihrem Deutschunterricht und welche Texte wählen sie aus? Erste Befunde der TAMoLi-Studie
Durch die Beteiligung an grossen Schulleistungsstudien und die in diesem Zusammenhang bekannt gewordenen Befunde hat sich die Förderung der Lesekompetenz in den verbindlichen Lehrplänen und im Deutschunterricht nachhaltig etabliert. Ob bzw. inwieweit dieser Fokus zu Lasten einer literarischen Bildung geht, wird kritisch diskutiert. Die in der Schweiz und in Deutschland angesiedelte TAMoLi-Studie untersucht den Lese- und Literaturunterricht von insgesamt 126 Klassen der Sekundarstufe I und befragte hierfür in den Jahren 2016 und 2017 Lehrpersonen sowie ihre Schülerinnen und Schüler. Erste Befunde verdeutlichen eine schultypspezifische Schwerpunktsetzung im Deutschunterricht, bei der am häufigsten eine Gleichgewichtung von Leseverstehen und Literatur berichtet wird. In der Textauswahl der Lehrpersonen sind literarische Texte allerdings tendenziell stärker vertreten als Sach- und Gebrauchstexte und nehmen im Unterricht mehr Raum ein.
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Fokusartikel | aus der Wissenschaft
Lernaufgaben im Literaturunterricht – Zwischen normativer Diskussion, empirischer Wirkungsforschung und (unterrichts)praktischen Konsequenzen
Der Beitrag nimmt das sich verändernde Verständnis von Literaturdidaktik vor dem Hintergrund der aktuellen Aufgabendiskussion im deutschsprachigen Raum und in Bezug auf Bildungsstandards - konkret die Hamburger Lehrpläne - in den Blick. Dazu wird das wiedererwachte Interesse an Aufgabenstellungen als Reaktion auf die PISA 2000 Ergebnisse dargestellt, um anschliessend das schwierige Verhältnis der normativen Perspektive von Bildungsplänen zur empirischen Aufgabenforschung einerseits und zur wissenschaftlich fundierten Konstruktion von Aufgaben andererseits zu thematisieren. Im Zentrum stehen die Aufgabenmerkmale Komplexität und Eigenständigkeit bzw. Offenheit, die als zentrale Normfragen der Aufgabendiskussion bezeichnet werden können. Der Beitrag endet mit der Feststellung, dass die aufgabenbezogene Literaturdidaktik als konstruierende Disziplin noch Entwicklungsbedarf hat, wenn sie dem Selbstverständnis genügen will, ihre rekonstruierende und konstruierende Perspektive fruchtbar mit Normfragen zu verbinden.
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Fokusartikel | aus der Wissenschaft
Aspekte literarischer Kompetenz in den Vergleichsarbeiten Deutsch für die Primarstufe in Deutschland
In diesem Beitrag wird diskutiert, welche Aspekte literarischer Kompetenz in den Vergleichsarbeiten Deutsch für die Primarstufe operationalisiert werden können. Unter Bezugnahme auf Spinner (2006, 2015) werden dazu zunächst Aspekte literarischer Kompetenz dargestellt und anschliessend auf Aufgaben der Vergleichsarbeiten für die Primarstufe in Deutschland aus mehreren Bundesländern bezogen (2015). Dabei zeigt sich, dass erwartungsgemäss nicht alle Aspekte in Testaufgaben umgesetzt werden können, dass aber manche Aspekte operationalisierbar sind und für die eigentlichen Ziele der Vergleichsarbeiten eine wichtige Funktion haben.
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Fokusartikel | aus der Praxis
Die Heldenreise als transmediale Erzählschablone im Englischunterricht
Der Beitrag zeigt auf, wie Lernende im Englischunterricht der Sekundarstufe I bzw. der Berufsfachschule ihr Verständnis für die Funktion und Wirkung von Geschichten über die Medien hinweg anhand von konkreten Vergleichen von bis zu drei verschiedenen semiotischen Modi entwickeln können. Es geht dabei um ein exemplarisches Kennenlernen von kulturellen Gegebenheiten, wie im Lehrplan 21 aufgeführt, und um die Fähigkeit, eigene Beobachtungen zu kulturellen Werken und Phänomenen anzustellen (Rahmenlehrplan für die Berufsmaturität). Es wird für diesen Zweck auf ein multimodales Jugendbuch von Philip Pullman, eine australische Jugendbuchtrilogie von Tim Winton und deren Adaption als Fernsehserie sowie auf Stormbreaker von Anthony Horowitz als Buch, Film und Graphic Novel verwiesen, die alle als Möglichkeiten für das Erarbeiten von transmedialen Kompetenzen im Englischunterricht verwendet werden können. Zentraler Fokus ist die Bedeutung eines gut vermittelbaren Handlungsablaufs, der sich in den verschiedenen medialen Ausprägungen der Geschichten nachverfolgen lässt.
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Fokusartikel | aus der Wissenschaft
Seeing with two ‘I’s – Ishiguro and identity in upper secondary literature lessons
In diesem Artikel befassen wir uns mit der kompetenzorientierten Arbeit an literarischen Themen im Englischunterricht auf der Sekundarstufe II. Wichtige Aspekte und Perspektiven des Lehrplans werden dargestellt, erläutert und interpretiert. Zudem wird diskutiert, wie Schüler/innen anhand einer Arbeit mit Literatur analytische, sprachliche, persönliche und soziale Kompetenzen entwickeln können. An-schliessend wird am Beispiel konkreter Aufgaben einer Unterrichtssequenz zu einem modernen Roman der englischsprachigen Welt (Kazuo Ishiguros «Alles, was wir geben mussten», 2005) gezeigt, wie zugleich gezielte doch auch offene Fragestellungen und Aufgabenformulierungen Schüler/innen zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem Werk verhelfen können.
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Fokusartikel | aus der Wissenschaft
Die Literatur hält Einzug in der Primarschule (1830-1990). Davon zeugen der Lehrplan und die Lesebücher des Kantons Waadt.
Aufgrund der Untersuchung von Waadtländer Lehrplänen und Lesebüchern möchten wir die Präsenz der Literatur in der Primarschule sichtbar machen. Im 19. Jahrhundert werden den Schülerinnen und Schülern vor allem Lesebücher, und wo diese fehlen, moralische Texte und Romanadaptationen zur Verfügung gestellt. Gegen Ende des Jahrhunderts werden Lesebücher allgemein eingeführt, was deren Autoren dazu veranlasste, ihre Werke mit Ausschnitten aus der Literatur zu bereichern. Literarische Texte werden in den Lesebüchern des 20. Jahrhunderts immer wichtiger und schliesslich vorherrschend. Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts hält die Jugendliteratur in den Lesebüchern Einzug. Darunter gibt es gewisse Werke, die als Leseübungen zu eigentlichen Schullektüren werden.
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Fokusartikel | aus der Wissenschaft
Zum Verstehen beitragen: zwei Rahmen für die Vermittlung des Textverständnisses am Schulanfang
Der Artikel stellt zwei Rahmen für das Lesevertändnis im Unterricht vor, das schrittweise Lesen und das «Visibiléo»*, die in den Vororten von Paris entwickelt und getestet wurden. Basierend auf den Ergebnissen einer französischen Lese- und Schreibforschung bestand das Prinzip darin, einen didaktischen Rahmen zu definieren, der es ermöglicht, die realen Praktiken der Lehrer und Lehrerinnen sowie die Bedürfnisse der Schüler und Schülerinnen zu berücksichtigen. Beide Instrumente erleichtern die Interaktion mit den Lesenden und unterstützen die schlussfolgernde Arbeit, das Hinführen zum Textverständnis und das Entwickeln einer mentalen Repräsentation eines Textes. Die Handlungen der Lehrer und Lehrerinnen spielen in diesem Prozess eine wichtige Rolle, da sie die Öffnung eines für jede Verständnisaktivität notwendigen kognitiven Raumes erleichtern.
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*«Visibiléo» ist eine in diesem Projekt entwickelte ganzheitliche Methode, um den Verstehensprozess grafisch sichtbar zu machen und damit die mentale Repräsentation der gelesenen Geschichte zu formen.
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Fokusartikel | aus der Wissenschaft
Disziplinierung des «Le petit roi» durch die Literatur – Die Kontextualisierung, ein Instrument im Wandel
Wir sind an der Vermittlung des Leseverständnisses und an der Arbeit der Unterrichtenden interessiert, wie sie im Rahmen des Französischunterrichts und im Umgang mit Kinderliteratur durchgeführt werden. Insbesondere beobachten wir, wie die Lehrpersonen die Erarbeitung eines neuen Textes mit Hilfe des Instruments der Kontextualisierung vorbereiten. Ein solches Instrument ist nie neutral und transparent, es trägt die Bedeutungen seiner bisherigen Verwendung. Wir gehen davon aus, dass die Umsetzung eines neuen Instruments von seinen bisherigen Anwendungen abhängt. Die Analyse basiert auf einer Forschungsarbeit in Genfer Grundschulen (Stufe 3, 6. Lebensjahr). Wir vergleichen, wie sechs Lehrende eine neue Methodik aufgreifen und die gleiche Kontextualisierungsaufgabe erfüllen, um sich auf das Lesen des Bilderbuchs «Le petit roi» vorzubereiten. Die Variation der Unterschiede zwischen der vorgegebenen Aufgabe und der neu definierten Aufgabe liefert ein Mass für die Wirkung in der darauf folgenden Praxis. Es scheint, dass Lehrende das Instrument modifizieren, indem sie im Laufe der Umformulierungen die intertextuellen Dimensionen der vorgegebenen Aufgabe neutralisieren.
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Fokusartikel | aus der Wissenschaft
Lernen mit Literatur in einem kompetenzorientierten Unterricht
Der Artikel analysiert die Präsenz der Literatur im Lehrplan der Tessiner Schulen und diskutiert dann theoretische Studien, die nützliche Einblicke in den Bildungswert der Literatur im Unterricht liefern können, wobei der narrative Ansatz und der integrierte Unterricht von Lesen und Schreiben im Vordergrund stehen.
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Fokusartikel | aus der Praxis
Lektüre und Literatur auf der Sekundarstufe I. Konzepte, deklarierte Methoden der Lehrerinnen und Lehrer und Vorschläge für Unterrichtssequenzen
Dieser Artikel dokumentiert die Verbindung zwischen den verwandten schulischen Disziplinen des Lese- und Literaturunterrichts, die aber auch Teil verschiedener Epistemologien sind. Die Autorinnen analysieren den Lehrplan der französischen Schweiz und die daraus abgeleiteten Unterrichtskonzepte. Sie stellen diese den Vorstellungen über diese Fächer und der deklarierten Praxis des Lese- und Literaturunterrichts künftiger Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe I gegenüber. Der Artikel präsentiert ferner eine Unterrichtssequenz, in der ein Element herausgearbeitet wird, das als Erschwernis dieser Verbindung erkannt wird, nämlich die Vermittlung der Literaturlektüre, bei der ein wechselnder Textbezug zwischen Objektivität und Subjektivität gepflegt wird.
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Fokusartikel | aus der Praxis
Lyrikvermittlung in einem kulturellen Ansatz des Französischunterrichts. Eine Möglichkeit der didaktischen Übertragung
In diesem Beitrag werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie Lyrik mit Hilfe komplementärer Konzepte und eines allgemeineren Ansatzes vermittelt werden kann. Ausgegangen wird von den Grundlagen der Bildung, das heisst von einem kulturellen Ansatz des Französischunterrichts, und von einem theoretischen Ansatz der Literaturdidaktik, von einem «Leser als Subjekt». Wir präsentieren eine Unterrichtssequenz in Französisch am Cégep (Collège d’enseignement général et professionnel) (Québec), wo diese beiden Ansätze integriert werden mit dem Ziel, die subjektive, emotionale und intellektuelle Betroffenheit der Studierenden beim Lesen von zeitgenössischer Lyrik einzubeziehen.
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Weiterer Artikel | aus der Wissenschaft
Multiple Modelle des Leseverstehens multipler Texte – Eine Synopse aktueller kognitiver Modellierungen aus lesedidaktischer Perspektive
Das verstehende Lesen multipler Texte/Dokumente nimmt in seiner Bedeutung zu. Dies schlägt sich auch in der Theoriearbeit nieder, welche in jüngerer Zeit erkennbar intensiviert wurde. Dies ist aus lesedidaktischer Sicht ein Gewinn und zugleich auch eine Bedingung dafür, das anspruchsvolle, auf diversen Lesestrategien beruhende Leseverstehen gezielt fördern zu können. Der Beitrag hat deshalb zum Ziel, acht Modellierungen des Leseverstehens multipler Dokumente synoptisch vorzustellen und ihren lesedidaktischen Ertrag zu extrahieren. Die Modelle weisen trotz aller inhaltlicher Unterschiedlichkeit untereinander ein weitestgehend komplementäres Verhältnis auf und bilden insgesamt ein reichhaltiges Reservoir für die Lesedidaktik.
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