Illettrismus – Literales Lernen in der Nachholbildung
Lese- und Schreibkompetenzen sind nicht nur Prädiktoren für schulischen Erfolg, sondern auch zentrale Voraussetzungen für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Darüber hinaus spielen Lese- und Schreibkompetenzen immer mehr auch im beruflichen Leben eine wichtige Rolle. Gemäss der für die Schweiz einschlägigen Studie «Adult Literacy and Lifeskills Survey (ALL)» können rund 16% der Schweizer Bevölkerung in einfachen, zusammenhängenden Texten lediglich eine Information lokalisieren, die gleichbedeutend oder sogar identisch mit derjenigen in der Frage ist. Die Studie rückte damit der Öffentlichkeit ins Bewusstsein, dass es (auch) in der Schweiz Erwachsene gibt, die nicht über ausreichende Basiskompetenzen im Lesen verfügen, und das, obwohl sie die obligatorische Schulzeit absolviert und häufig sogar eine Ausbildung abgeschlossen haben. Mehr
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Fokusartikel
«Lieber fragst du jemand anders» – Lese- und Schreibwissen bei schriftschwachen Erwachsenen
Während das Ausmass an Illettrismus bzw. funktionalem Analphabetismus breit diskutiert wird, ist über die Lese- und Schreibfähigkeiten, über das lese- und schreibbezogene Wissen von schriftschwachen Erwachsenen wenig bekannt. An dieser Stelle setzt das Projekt «Literalität in Alltag und Beruf» an: Anhand von vier Erwachsenen, die einen Lese- und Schreibkurs besuchten, werden die lese- und schreibbezogenen Wissensbestände von schriftschwachen Erwachsenen exemplarisch aufgezeigt. Diese Wissensbestände wurden mithilfe von Vignetten im Rahmen eines teilstrukturierten Interviews erfasst. Die Ergebnisse werden methodisch, insbesondere aber im Hinblick auf didaktische Implikationen diskutiert.
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Aus der Praxis
Grundkurs Lesen und Schreiben. Eine Kursleiterin berichtet
In der Schweiz werden seit über 25 Jahren inzwischen in fast allen Kantonen Grundkurse in «Lesen und Schreiben» angeboten. Potenzielle TeilnehmerInnen sind Erwachsene, welche in Alltag und Beruf durch ungenügende Lese- und Schreibfähigkeiten limitiert sind, obwohl sie die ganze oder den grösseren Teil ihrer Schulzeit in der Schweiz oder einem vergleichbaren Schulsystem verbrachten. Etwas anders gestaltet sich die Situation in der Romandie, wo MigrantInnen mit wenig oder keiner Schulbildung die französische Umgangssprache bereits beherrschen. Der Artikel stellt am Beispiel des Angebots «Lesen und Schreiben, Grundkurs» der kantonalen Berufsschule für Weiterbildung, EB Zürich, die gängige Praxis in Bildungsangeboten für von Illettrismus Betroffene vor. Eine Praxis, die sowohl geprägt wird durch die Erfahrungen der Betroffenen, ihre individuellen Lese- und Schreibkompetenzen, ihre Selbsteinschätzung, Motivation und Ressourcen, als auch durch die hohen Erwartungen in unserer Gesellschaft an Lese- und Schreibkompetenzen und nicht zuletzt durch das Einfühlungsvermögen, Wissen und Können der Kursleitenden.
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Aus der Praxis
Schulungsmaterialien für Erwachsene, die von Illettrismus betroffen sind
Dieser Beitrag beschreibt ein Projekt des Vereins Lesen und Schreiben zur Bereitstellung von Schulungsmaterialien, die von den Kursleitenden des Vereins entwickelt wurden. Die Materialien sind das Produkt praktischer Erfahrung und entsprechen den Bedürfnissen der von Illettrismus betroffenen Erwachsenen. Gegenwärtig beschäftigt der Verein in der französischen Schweiz insgesamt 90 KursleiterInnen. Sie setzen in Kursen Materialien ein, die sie meist individuell erarbeitet und auf die spezifischen Bedürfnisse ihre KursteilnehmerInnen abgestimmt haben. Bislang haben sie für diesen beträchtlichen Aufwand nur wenig Wertschätzung erfahren. Das Projekt verfolgt das Ziel, das bestehende didaktische Material zu sichten und zu ordnen, neues Material zu entwickeln und diese Ressourcen allen AusbildnerInnen des Vereins und allen Interessierten zugänglich zu machen. Das „Projet plateforme“ wurde im September 2009 aufgegleist und wird im Juli 2013 abgeschlossen.
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Aus der Praxis
Das Genfer Kollektiv für Erwachsenengrundbildung
Abstract
In diesem Beitrag wird das Vernetzungsprojekt von neun Genfer Vereinen beschrieben, welche Grundausbildungen für Erwachsene anbieten. Es handelt sich um eine 2007 begonnene, in mehreren Schritten weitergeführte Zusammenarbeit, die heute dank der Unterstützung des ALV-Fonds der Stadt Genf weiter ausgebaut wird. Der Artikel definiert zuerst den Begriff der Grundausbildung, gibt dann einen Überblick über den Werdegang des Kollektivs und beschreibt abschliessend die drei Stossrichtungen des laufenden Projekts: die Implementierung von Kompetenzstandards, ein gemeinsames Angebot zur Unterstützung der individuellen Bildungsgänge und die Schaffung eines offiziell anerkannten kantonalen Diploms im Bereich Grundkompetenzen.
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Fokusartikel
Schrifterwerb im Erwachsenenalter: Unterstützungsangebote und Ressourcen für das Lernen
Der Beitrag befasst sich mit der Frage, welche Unterstützungsangebote und Ressourcen Erwachsenen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten zur Verfügung stehen. In einer Fallstudie werden Daten aus einem biografischen Gespräch präsentiert, die im Rahmen einer Untersuchung zum Erwerb von Lese- und Schreibkompetenzen erwachsener MigrantInnen erhoben wurden. Die TeilnehmerInnen dieser Studie hatten in ihren Herkunftsländern keine Schulbildung erhalten und durchlaufen den Alphabetisierungsprozess als Erwachsene. Die Auswertung des Gesprächs mit einem Teilnehmer eines Kurses in der französischsprachigen Schweiz konzentriert sich auf die Lebensstationen und die damit verbundenen strukturellen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Bedingungen, die seinen Handlungsspielraum und den Verlauf seines Schrifterwerbs mitbestimmen.
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Fokusartikel
«Wenn einen etwas anspringt, dann gehts wie von allein» – zur Expertise von Kursleitenden in der Grund- und Nachholbildung
Die Expertise von Lehrpersonen ist von zentraler Bedeutung für die Gestaltung von Lehr-Lern-Prozessen und damit einhergehend für die Kompetenzentwicklung und Leistungen der Lernenden. Dies dürfte insbesondere auch für Kursleitende in der Grund- und Nachholbildung gelten, deren Lernende häufig eine durch Schwierigkeiten und Misserfolgserlebnisse geprägte Lernbiografie aufweisen. Bislang liegen allerdings erst wenige Befunde zum Wissen und Können von Kursleitenden in der Grund- und Nachholbildung vor. An dieser Stelle knüpft das Projekt «Literalität in Alltag und Beruf» an, welches neben schriftschwachen Erwachsenen als Kursteilnehmende auch Kursleitende in den Blick nimmt. In diesem Beitrag werden die lese- und schreibbezogenen Wissensbestände und Überzeugungen von Lehrenden in der Grund- und Nachholbildung, welche mithilfe von Vignetten im Rahmen eines teilstrukturierten Interviews erfasst wurden, exemplarisch anhand dreier Kursleiterinnen aufgezeigt. Daran anknüpfend wird die Frage nach der Passung der Wissensbestände in den Domänen Lesen und Schreiben auf Seiten der Kursleitenden sowie der Kursteilnehmenden aufgegriffen und im Hinblick auf mögliche Folgerungen thematisiert.
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Aus der Praxis
Über Illettrismus sprechen ist nicht so einfach
Der Schweizer Dachverband Lesen und Schreiben führt seit gut 3 Jahren in der Deutschen Schweiz und dem Tessin und seit bald zwei Jahren auch in der Französischen Schweiz Sensibilisierungsveranstaltungen für Vermittlerinstitutionen durch. Dabei werden Menschen in beratenden Funktionen über das Phänomen Illettrismus informiert und konkrete Handlungsmöglichkeiten zur Unterstützung Betroffener aufgezeigt. Aus verschiedenen Gründen ist dies keine einfache Aufgabe die Sensibilisierungsfachpersonen sprechen über ein tabuisiertes Thema und müssen gesellschaftliche Zusammenhänge und Infos über den Begriff, den Prozess des Lesens und Schreibens und Handlungsmöglichkeiten vermitteln. Dies alles gilt es in der richtigen Reihenfolge, zielgruppengerecht und oft in einem knappen Zeitrahmen zu realisieren. In Sensibilisierungsveranstaltungen gelten andere Regeln als in Informations-veranstaltungen. Neben dem Vermitteln von Wissen sollen Einstellungen und Haltungen verändert werden.
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Weitere Artikel
ECLER, eine Methode, eine Haltung, eine Praxis des Erwerbs von Sprachkompetenzen durch persönliches Schreiben
Die Originalität und Wirksamkeit des pädagogischen Konzepts der Ateliers ECLER (französisches Akronym für Schreiben, Kommunizieren, Lesen, Sich-Ausdrücken, Nachdenken) beruhen darauf, dass sie die Dynamik des persönlichen Ausdrucks für den Erwerb von Sprachkompetenzen nutzen. Die Sprachproduktionen der lernenden Personen dienen als Übungs- und Strukturierungsobjekte. In enger Zusammenarbeit von KursteilnehmerInnen und AusbildnerInnen werden diese Produke in einer Art Verhandlungsgespräch individuell überarbeitet, wobei die grammatikalischen und orthografischen Normen der französischen Sprache erarbeitet und integriert werden. Im Sinne einer kommunikativen Sprachförderung wird das Geschriebene anderen Lernenden zur Lektüre unterbreitet und von ihnen gewürdigt. Die Erfahrungen von Wertschätzung und Vertrauen unterstützen die Dynamik des Lernprozesses und seine Effizienz.
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Weitere Artikel
Massnahmen zur Förderung der Lesemotivation – eine Möglichkeit zur Prävention von Illettrismus?
Seit rund zwanzig Jahren ist bekannt, dass es auch in den sog. entwickelten Ländern Menschen gibt, die von Illettrismus betroffen sind. Internationale Untersuchungen (IALS, ALL) haben gezeigt, dass in den OECD-Ländern wie auch in der Schweiz eine nicht vernachlässigbare Zahl von Erwachsenen trotz Schulbildung nicht über ausreichende Kompetenzen in Lesen, Schreiben und Mathematik verfügen, um den Anforderungen des Alltags zu genügen. Im Jahr 2000 zeigte die PISA-Studie, dass diese Schwierigkeiten auch bei einem Teil der Jugendlichen im Alter von 15 Jahren bestehen. Da der Schule hier eine vorrangige Bedeutung zukommt, hat die EDK Empfehlungen ausgesprochen und Massnahmen vorgeschlagen, um die Lesekompetenz und die Schulsprache zu fördern. In den meisten Schweizer Kantonen – auch in der Westschweiz – wurden entsprechende Massnahmen ergriffen. Im Kanton Genf wurde in der Volksschule und am Übergang zur nachobligatorischen Bildung eine Studie durchgeführt, um die Umsetzung dieser Massnahmen zu untersuchen. Die Ergebnisse werden in diesem Beitrag vorgestellt.
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Weitere Artikel
Wie motiviert lese und schreibe ich? Und wenn ja: auf wie viele Arten und Weisen?
Ist eine Person, die lese- bzw. schreibmotiviert ist, zwangsläufig eine gern lesende bzw. schreibende Person? Was im Alltagsgebrauch intuitiv und eindeutig mit ja beantwortet wird, ist aus Sicht der Wissenschaft keineswegs generell zu bejahen. Faktisch liegen aus der Motivationspsychologie nämlich derzeit diverse theoretische Konstrukte vor, die zum Teil inhaltliche Überschneidungen aufweisen, zum Teil aber auch völlig anderes bezeichnen. Der vorliegende Beitrag widmet sich aus einer doppelten Perspektiven ausführlich dem komplexen Gegenstandsbereich Lese- und Schreibmotivation. Im ersten Schritt werden diverse theoretische Konstrukte systematisierend vorgestellt. In einem zweiten Schritt wird ein Teil der Empirie gesichtet, um Zusammenhänge zwischen verschiedenen motivationalen Variablen und Leistungsmaßen genauer zu bestimmen. Der Beitrag endet mit einem Resümee zur bestehenden und zu benötigten Forschung.
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