Lesekreise
Die Geschichte der Lesekreise ist alt. Schon die griechische Dichterin Sappho veranstaltete Lesungen in angeregter Runde; in der Minnesang- und Troubadourkultur des Mittelalters fand diese Tradition genau so eine Fortsetzung wie an Italiens Renaissance-Höfen. Mit der Aufklärung entstanden in den europäischen Zentren erstmals kulturelle Aktivitäten ausserhalb von kirchlichen und politischen Strukturen. So fällt die Gründung des ersten Pariser Salons durch Catherine Marquise de Rambouillet 1610 mit der Entwicklung des städtischen Adels abseits des Hofes nach den Hugenottenkriegen zusammen. Im deutschsprachigen Raum entstanden die ersten Lesegesellschaften um 1720. Sie dienten anfänglich vor allem Akademikerkreisen zur Sicherung ihrer Stellung in der ständischen Gesellschaft und zum Austausch von Fachliteratur.
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Fokusartikel
Lesezirkel: ein Modell zur Förderung des Leseverständnisses und der Autonomie der Lesenden
Der Beitrag erläutert die Ergebnisse einer Untersuchung zur Förderung des Leseverstehens mit dem Modell des Lesezirkels, die im Kanton Waadt zwischen 2007 und 2009 in 5. und 6. Harmos-Klassen durchgeführt wurde. Aus der Perspektive der kognitiven Psychologie verdeutlicht die Untersuchung den Leseverstehens-Prozess von Schülerinnen und Schüler mit Hilfe von Lesestrategien. Der Artikel zeigt, wie individuelles Text-Verständnis mit Hilfe von Instrumenten erarbeitet wird, die im Rahmen expliziter Strategievermittlung erworben wurden, und er macht die wichtige Rolle des Austauschs im Rahmen von Lesezirkeln klar. Diese Art der Leseförderung führt zu einem besseren globalen Verständnis des Textes, zu einer grösseren Autonomie der Lesenden, zu einem stärkeren persönlichen Engagement und zur Entwicklung von transversalen Fähigkeiten wie Zusammenarbeit, Kommunikation und Lernstrategien, die auch im PER (plan d’études romand), dem neuen Lehrplan der französischsprachigen Schweiz als Lernziele vorgegeben werden.
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Aus der Praxis
Eine alltägliche Kunst
Der folgende Beitrag enthält Ratschläge zur Gründung und Führung eines Lesekreises. Die detaillierten Anregungen reichen von der Suche nach Mitgliedern für den Lesekreis, über Hinweise für die Suche nach Räumen, Verfahren der Buchauswahl bis hin zu Lösungsvorschlägen für verbreitete Gesprächsstörungen in Lesekreisen.
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Aus der Praxis
So bin ich denn ein Leser auf Erden: Schreiben als Strategie zur Leseförderung
Der Artikel erläutert die Erfahrung an einer Berufsschule in Lausanne, wo die Schülerinnen und Schüler zur Lektüre eines so schwierigen „Klassikers“ wie „Die Träumereien eines einsam Schweifenden“ von J.J. Rousseau motiviert werden sollten. Das Experiment bestand darin, dass die Schülerinnen und Schüler aufgrund des Anfangssatzes der „Träumereien“, und noch vor der Lektüre und dem Studium des literarischen Textes selber etwas schreiben sollten. Es zeigte sich, dass das eigene Schreiben eine grosse Wirkung hatte, indem dadurch das Interesse für einen Text geweckt wurde, von dem die Schülerinnen und Schüler dachten, er gehe sie nichts an.
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Fokusartikel
Zum Phänomen des Lesegruppenbooms in Grossbritannien
Lesegruppen erlebten Ende des 20. Jahrhunderts einen enormen Aufschwung in Grossbritannien. Gründe dafür sind einerseits der seit jeher hohe Stellenwert von Literatur allgemein im öffentlichen und privaten Leben der britischen Bevölkerung, andererseits wurden von der Politik gezielt Rahmenbedingungen und Fördermassnahmen geschaffen, die den Boom vorantrieben. Zu Grunde liegendes politisches Konzept ist das «reader development», eine Art der Literaturförderung, die direkt den LeserInnen zu Gute kommt. Seitens der Bibliotheken, Verlage und Buchhandlungen wurde rasch erkannt, dass Lesegruppen grosses wirtschaftliches Potential bergen. Nicht zuletzt wurde der Boom auch noch durch die Massenmedien Fernsehen, Radio und Presse verstärkt, die sowohl selbst Lesegruppen gründeten und darüber berichteten als auch mit speziellen Formaten bereits vorhandene Lesegruppen bei der Lektüreauswahl unterstützten und mit interessanten Hintergrundinformationen und anderen Bonussen versorgten.
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Fokusartikel
Eine unwahrscheinliche Lektüre
Bleibt ein und dasselbe Gedicht in verschiedenen Lesezirkeln und im Abstand von zwei Jahren gelesen und diskutiert wirklich noch dasselbe? Offensichtlich nicht, meint die Urheberin des Gedichts, Francine Clavien. Jedes Publikum braucht andere Zugänge zu einem lyrischen Text, da muss die Erzählerin in die Trickkiste greifen. Während das Gedicht sich nie dem anpasst, was man von ihm möchte.
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Aus der Praxis
«Fremde Welten» in Kinder- und Jugendbüchern
Ein Einblick in den Kosmos der Lesegruppen von Baobab BooksIm Projekt «Fremde Welten» von Baobab Books lesen und beurteilen ehrenamtliche LeserInnen aus unterschiedlichen Fachgebieten Kinder- und Jugendbücher aus fremden Kulturen und zu Rassismus, Migration und Interkulturalität. Die Kriterien, die den LeserInnen bei der Auswahl helfen, wurden seit der Gründung der Lesegruppen im Jahr 1975 immer wieder aktualisiert, sind jedoch in ihrem Kern unverändert geblieben. Die im Verzeichnis «Fremde Welten» empfohlenen Titel ermöglichen eine offene Begegnung mit anderen Kulturen und zeigen verschiedene Aspekte der kulturellen Vielfalt und des interkulturellen Zusammenlebens auf. Mit diesem Projekt möchte Baobab Books zum Nachdenken über das kulturelle Selbstverständnis anregen. Der folgende Bericht gibt einen Einblick in die Arbeitsweise der Lesegruppen.
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Weitere Artikel
Der Einstieg ins Lesen in Kindergärten des Kantons Freiburg
Forschungsbericht
Die Autorinnen haben im Herbst 2010 20 Kindergärtnerinnen und Kindergärtnern im Kanton Freiburg (Schweiz) nach ihren Formen zur Gestaltung des Einstiegs ins Lesen befragt. Untersucht wurden ihre pädagogischen Vorstellungen und impliziten Theorien. Der Bericht stützt sich auf teilstrukturierte Interviews von je 45 bis 60 Minuten. Eine qualitative sowie eine Inhalts- und Kategorienanalyse zeigten folgende Ergebnisse:
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Auf der Ebene der impliziten Theorien sind sich die Lehrkräfte der Spannung bewusst, die zwischen der Neugier und dem Wissensdurst der Kinder und ihren eigenen Befürchtungen besteht, sich im Kindergarten schon mit Stoff der Primarschule zu befassen. Im Alltag verwenden alle Lehrpersonen die üblichen Praktiken rund um Vornamen und bekannte Wörter für den Erwerb des Alphabets. Bilderbücher werden vorrangig dazu eingesetzt, die Lesekultur zu fördern, Die Lehrpersonen schreiben nach einem Ausflug oder einer Begegnung auf, was die Kinder diktieren. Ebenso werden Aktivitäten zur Förderung des phonologischen Bewusstseins auf der Ebene der Laute und Rhythmen offenbar regelmässig eingesetzt. Andere Methoden wie Unterricht in mündlichem und schriftlichem Verstehen oder zufällig sich ergebende Schreibsituationen werden selten genannt, und Gespräche zu philosophischen Themen werden gar nicht erwähnt.
Im Hinblick auf die pädagogischen Vorstellungen der Lehrpersonen lässt sich angesichts unserer theoretischen Verankerung folgende Schlussfolgerung ziehen: Für die Entwicklung der literalen Kompetenzen der Kinder ist die Förderung der mündlichen Sprache zentral. Dabei zeigt sich eine neue Fragestellung: Wie ist es möglich, die von den Lehrerpersonen festgestellten Unterschiede zwischen den Kindern zu verringern? Die Autorinnen schlagen vor, die in der Literatur empfohlenen und in der Praxis umgesetzten Praktiken zu dokumentieren und fortzuführen sowie die Bildung von Gruppen zu fördern, die den Erfahrungsaustausch und die Analyse der eigenen Praxis unter Lehrpersonen ermöglichen, um auf diese Weise pädagogische Innovationen zu unterstützen.
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