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Archiv Sämtliche Ausgaben seit 1992

Im Archiv finden Sie alle Beiträge, die seit 2010 auf der Online Plattform leseforum.ch erschienen sind. Zugänglich sind auch die jährlichen Bulletins, die der Verein Leseforum Schweiz von 1992 bis 2006 in gedruckter Form publiziert hatte.


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Digitale (Il)literalität

Die digitale Kluft – nicht nur beim Zugang zu digitaler Ausstattung, sondern auch bezüglich der kompetenten Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien – wird spätestens seit Covid-19 immer offenkundiger, mit inter- und intragenerationellen Unterschieden. Dennoch bleibt das digitale Prekariat ein gesellschaftliches Tabuthema (Grallet 2022). Zwar wird allgemein anerkannt, dass ältere Menschen im Umgang mit der nahezu flächendeckenden Nutzung von Elektronik und Computern Schwierigkeiten haben könnten, doch scheint der Rest der Bevölkerung, insbesondere junge Menschen, die als «digital natives» (Prensky 2001) bezeichnet werden und die der Philosoph Michel Serres (2012) liebevoll «Däumlinge» nennt, in der kollektiven Vorstellung mit einer fast natürlichen digitalen Geschicklichkeit ausgestattet. Nun zeigen die Statistiken zwar tatsächlich, dass mit zunehmendem Alter die digitalen Fähigkeiten weniger entwickelt sind, doch die heutige vollständige Digitalisierung ist auch ein potenzielles Hindernis für die Jugend, insbesondere für die weniger bildungsprivilegierte. 
Laut Bundesamt für Statistik verfügten im Jahr 2023 zwar 39% der Bevölkerung in der Schweiz über fortgeschrittene digitale Kompetenzen. Im Umkehrschluss heisst das aber auch, dass weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung nur über minimale, unzureichende oder gar keine Fähigkeiten in diesem Bereich verfügt (vgl. BfS 2023). Ein Ziel des Bundes betrifft denn auch die «erweiterten digitalen Kompetenzen», die unerlässlich sind, «um sich an diese neue Situation anpassen und an den sich digital abspielenden Prozessen in Politik, Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft teilnehmen zu können» (vgl. BfS 2023). Entsprechend ist die Förderung digitaler Kompetenzen – definiert als «sichere und kritische Nutzung einer umfassenden Palette digitaler Technologien für Information, Kommunikation und grundlegende Problemlösungen in allen Lebensbereichen» (UNESCO 2021) – komplexer als der frankophone Neologismus Illectronisme suggeriert, der sich auf die technische (Nicht-)Beherrschung der digitalen Welt konzentriert (Jarousseau 2024), da sie sich auch auf soziale, kulturelle und bildungsbezogene Dimensionen bezieht. Einige Aspekte dieser Komplexität sollen in der vorliegenden Ausgabe beleuchtet werden. Mehr

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