Skip to main content Skip to home page

Archiv Sämtliche Ausgaben seit 1992

Im Archiv finden Sie alle Beiträge, die seit 2010 auf der Online Plattform leseforum.ch erschienen sind. Zugänglich sind auch die jährlichen Bulletins, die der Verein Leseforum Schweiz von 1992 bis 2006 in gedruckter Form publiziert hatte.


Previous Next Previous Next

Identität und Literalität

Identität ist ein komplexes Konzept mit vielfältigen disziplinären Bezügen. Sie wird übereinstimmend als ein dynamischer und kontinuierlicher Prozess der Selbst-Konstruktion verstanden. Dabei orientieren sich Individuen an Identifikationsangeboten, bringen ihr Selbstverständnis zum Ausdruck und erfahren individuelle und gesellschaftliche Resonanz – sich selbst, anderen Individuen, bestimmten Gruppen oder der Öffentlichkeit gegenüber. Diese Selbst-Konstruktion ist dabei immer geprägt von sozialen und kulturellen Normen.
Literalität spielt bei der Herausbildung von Identität in einer Schrift- und Mediengesellschaft eine herausragende Rolle. Beim Lesen und Schreiben setzen sich Individuen mit dem Wissen, den Werten, der Ästhetik ihrer Lebenswelten auseinander. Sie kommunizieren mit anderen Individuen und erfahren dabei Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Sie identifizieren sich mit sozialen Gruppen oder grenzen sich von ihnen ab. Durch den Vollzug literaler Praktiken finden und entwickeln sie ihre Sichtweisen und ihr Selbstverständnis.
Auch soziale Gruppen stellen sich mittels Schrift und anderen medialen Ausdrucksformen öffentlich dar. Sie bieten dem Individuum Identifikationsmöglichkeiten an und entwickeln in Diskursen ihre Gruppenidentitäten. Dabei entstehen Grenzlinien, die Zugehörigkeit und Ausschluss erzeugen. In einer durch vielfältige Differenzkategorien geprägten Welt stellt sich die Frage, wie sich Identitätsbildung jenseits von Ungleichheitsmechanismen vollziehen könnte.

Nach oben